Bühnen

Über die letzten Jahre hat sich bei mir die Meinung gebildet, dass das Suchen von Öffentlichkeit ein Charaktermakel ist. Die Theorie ist, dass zufriedene Personen nicht nach Anerkennung von Außen suchen sollten. Unbedingt auf einer Bühne – sei sie analog oder digital – stehen zu müssen um von Leuten bewundert zu werden, kann nur aus Abgründen der Psyche kommen, die reflektiert und bearbeitet gehören.

In eine unangenehme Zwickmühle gelangt man, wenn man das zwar wirklich glaubt, aber gleichzeitig auch den Drang hat seine Meinungen und Arbeiten einem Publikum zu präsentieren. So geht es mir. Manchmal habe ich Lust Comics zu zeichnen. Nicht nur, weil der Prozess Spaß macht, sondern auch, weil mir die Version von mir, die Comics mit der Öffentlichkeit teilt, gefällt. Manchmal möchte ich Blogposts wie diesen hier schreiben, weil für ein Publikum schreiben mir Spaß macht und es in mein Selbstbild passt, eine Meinung zu haben, die eine Gruppe von Menschen respektiert und hören möchte.

Beide Mühlsteine der Zwickmühle (funktionieren die so?) zwicken mich also. Wenn ich nichts veröffentliche, will ich etwas machen und veröffentlichen. Wenn ich etwas mache und veröffentliche, frage ich mich durchgehend warum ich diese Form der Zurschaustellung nötig habe und ob ich nicht lieber an mir arbeiten sollte, damit ich diesen Drang nicht mehr empfinde.

Schwierig.

Hallo, ich bin Marcel, zeichne selten Comics, schreibe manchmal Texte, gestalte öfter Digitale Produkte und interessiere mich für Bücher, Digitalen Minimalismus, Philosophie, Kunst und Videospiele. 👋

13 Kommentare

  • Zwar ist es wahrscheinlich oft so, dass die Suche nach Öffentlichkeit eine Suche nach Anerkennung ist, aber ich denke das muss nicht immer der Fall sein.
    Man kann Öffentlichkeit auch suchen, um sein Anliegen weiter zu bringen, für etwas einzustehen oder Menschen zu bewegen. Nimm Greta Thunberg zum Beispiel, ich bin davon überzeugt, dass sie die Öffentlichkeit für ihre Überzeugung gesucht hat und nicht als ihre persönliche Bühne. Tatsächlich glaube ich dass das bei vielen PolitikerInnen/AktivistInnen der Fall ist.
    Und ich denke man muss die Messlatte nichtmal so hoch hängen. Wenn man die persönliche Bühne dazu nutzt andere zu inspirieren, weiterzubringen oder unterhalten, dann denke ich dass das im Endeffekt positiv ist. Selbst wenn die initiale Motivation die egoistische Befriedigung eines “Charaktermakels” war, ist am Ende vielleicht etwas positives entstanden.
    Vielleicht hast du mit diesem Blogartikel nur dein Charaktermakel befriedigt, vielleicht hast du aber auch andere dazu gebracht über etwas nachzudenken und deshalb war es die Befriedigung wert?

  • Bei vielen Dinge ist aber doch auch wichtig Feedback zu erhalten, um besser zu werden. Gerade beim Zeichnen habe ich das Internet oft dazu benutzt um zu sehen wie gut meine Arbeiten bei unterschiedlichen Gruppen ankommen.

    • Ich denke nicht, dass eine anonyme, potentiell übermäßig aggressive Masse von Kommentaren irgendwelcher unqualifizierten Randos eine gute Art ist Kritik zu erhalten. Wenn man etwas lernen möchte und qualitatives Feedback sucht, sollte man explizit Leute wählen und um Feedback fragen, auf deren konstruktive Meinung man bauen kann.

  • Vielleicht ist dieses Verhalten aber auch vollkommen natürlich und nur mehr oder weniger ausgeprägt bei Menschen.
    Ich denke auch nicht, dass das mit „Bewunderung“ gleich zu setzen ist, ein bisschen „Anerkennung“ fühlt sich für jeden gut an.

    • Ausgehend davon, dass es kein „unnatürliches“ Verhalten gibt, würde diese Sicht auch einfach auf alles passen, was ein Mensch im Leben empfinden kann. Mein persönlicher Anspruch an mich selbst ist allerdings sowas zu hinterfragen und zu versuchen besser als „Naja, so bin ich halt“ zu sein. Wenn es Sinn ergibt, zumindest.

      • Es gibt aber auch den Zustand, konsistent übertriebenem Selbstoptimierungsdrang nachzugehen. Konzentriere dich doch mal auf den Unterschied zwischen deinem Wunsch und der Realität. Mein Psychologe sagt immer: Es reicht erst mal aus zu beobachten.
        Akzeptanz is a bitch.

        • Hier ein Tipp für das Schreiben besserer Kommentare: Wenn man die angesprochene Person nicht sehr gut kennt, wirkt man schnell etwas blöd, wenn man Tipps gibt ohne zu wissen, ob diese überhaupt von Relevanz sind. Dies ist ein kostenloser Service.
          You‘re welcome.

  • Hi,
    mich hat das Thema seit dem BBeitrag nicht mehr losgelassen. Und habe es in einem Podcast besprochen. Ich weiß, es entbehrt sich nicht einer gewissen Ironie, genau darüber in einem öffentlichen Format zu sprechen, aber wollte mich zur Thematik austauschen und auch in die Welt hinaustragen, da ich es für extrem wichtig halte.

    https://open.spotify.com/episode/2Lva5rgsFmN18LGiqfwh4N?si=yfMvuAH6RK-xETcFrkX7tw

    Und auch sonst an allen Stellen wo es Podcasts zu hören gibt.

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